Drei Kommunen denken den Mobilitätspass weiter

Als neues Finanzierungsinstrument für den ÖPNV ist der Mobilitätspass ein wichtiger Baustein der ÖPNV-Strategie 2030.

Die Städte Karlsruhe und Freiburg sowie der Ortenaukreis arbeiten an weiterführenden Detailfragen rund um den Mobilitätspass. Zuvor hatten 21 Modellkommunen in einem Modellprojekt dessen Erlöspotenziale für einen zukunftsfähigen kommunalen Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) berechnet und unterschiedliche Varianten ausgearbeitet. Das Land unterstützt die drei Vorreiterkommunen bei der weiteren Ausgestaltung des zukünftigen ÖPNV-Finanzierungsinstruments. Verkehrsminister Winfried Hermann beglückwünschte die Städte Freiburg und Karlsruhe sowie den Ortenaukreis zu ihrem engagierten Voranschreiten in Sachen Klimaschutz und Mobilitätswende: „Um die Klimaziele im Verkehrsbereich erreichen zu können, sind ein erheblicher Ausbau und eine qualitative Verbesserung des ÖPNV vor Ort erforderlich. Gemeinsam mit den Vorreiterkommunen wollen wir daher den Mobilitätspass als neues Finanzierungsinstrument für den ÖPNV vorbereiten. Mit der Einführung des Mobilitätspasses erwarten wir auch eine Entlastung der Straßen in den Städten und Landkreisen vor Ort.“

Vorteile bei der Einführung des Mobilitätspasses

Unter Berücksichtigung der noch offenen gesetzlichen Regelung möchte das Ministerium für Verkehr mit einer individuellen Beratung noch offene Detailfragen zur bundesweit erstmaligen Einführung des Mobilitätspasses klären und die Vorreiterkommunen zugleich unterstützen, ohne dass eine Vorfestlegung ihrerseits zu seiner Einführung erfolgt. Von den Erfahrungen der Vorreiter sollen zukünftig alle Kommunen im Land profitieren können, die den Mobilitätspass einführen wollen.

Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn kommentierte: „Der Mobilitätspass kann eine interessante Option sein, um den ÖPNV in Kommunen voranzubringen. Wie und ob das für Freiburg infrage kommt, wollen wir uns als Vorreiterkommune ansehen. Für eine Entscheidung braucht es eine genaue Prüfung und eine verbindliche gesetzliche Grundlage – aber auch einen politischen Diskurs in Freiburg. Klar ist, dass unser ÖPNV dringend eine Grundfinanzierung braucht.“

Der Karlsruher Oberbürgermeister Dr. Frank Mentrup sagte: „Das Karlsruher ÖPNV-Netz ist bereits beispielhaft. Zum Erhalt und für den Ausbau der Netze und die Steigerung der Angebotsqualität müssen wir auch künftig erhebliche Mittel investieren. Nur so gelingt die Mobilitätswende. Als Vorreiterkommune bekommen wir Klarheit über die finanziellen Auswirkungen einer Nahverkehrsabgabe auf die Investitionskraft der Verkehrsbetriebe Karlsruhe (VBK) sowie über den Weg zur Einlösung des Mobilitätsguthabens beim Karlsruher Verkehrsverbund (KVV). Über die beratende Begleitung des Landes erhoffen wir uns zudem Erkenntnisse zu weiteren Stellschrauben für eine Attraktivitätssteigerung unseres ÖPNV. Wir haben die Chance, ein auf uns zugeschnittenes Modell zur Einführung des Mobilitätspasses zu erarbeiten. Und wir können direkt die Belange einer großen ÖPNV-Region in die vertiefende Vorbereitung für die rechtliche Rahmensetzung einbringen.“

„Für den Ortenaukreis hat der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs höchste Priorität. Deshalb stehen wir auch hinter Ausbauplänen des Landes und gehen weiter konsequent unseren Weg hin zu weniger motorisiertem Individual- und mehr öffentlichem Nahverkehr. Die Ernennung zur Vorreiterkommune in Sachen Mobilitätspass kann uns dabei einen weiteren Schub verleihen. Wir sind ergebnisoffen in das Projekt gestartet und erhoffen uns belastbare Resultate aus dem Beratungsprozess, auf deren Basis die Kreisgremien dann gut informiert ihre Entscheidungen treffen können“, so Landrat Frank Scherer.

Mobilitätspass fest verankert

Der Mobilitätspass ist im Koalitionsvertrag, in der ÖPNV-Strategie 2030 sowie in den Eckpunkten zum Landeskonzept Klima und Mobilität der Landesregierung fest verankert. Mit dem Gesetzentwurf zum Landesmobilitätsgesetz soll den Kommunen die rechtliche Grundlage zur Einführung des Mobilitätspasses gegeben werden. Die Kommunen erhalten damit ein freiwilliges Instrument zur zusätzlichen Finanzierung des ÖPNV. Der Gesetzgebungsprozess ist noch nicht abgeschlossen. Sofern aus den nun startenden konkreten Vorbereitungen mit den drei Vorreiterkommunen weitere rechtliche Erkenntnisse gewonnen werden, sollen diese im Rahmen der Anhörung noch Berücksichtigung finden können.

Vier Varianten des Mobilitäspasses

Für Baden-Württemberg sind nach Abschluss des Modellprojektes mit 21 Modellkommunen vier Varianten des Moblitätspasses vorgesehen:

  • Mobilitätspass für Einwohnerinnen und Einwohner (Einwohnerbeitrag)
  • Mobilitätspass für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber (Arbeitgeberbeitrag)
  • Mobilitätspass für Kfz-Halterinnen und -Halter (Kfz-Halterbeitrag)
  • Mobilitätspass für Kfz-Nutzende (Straßennutzungsgebühr).

Den 21 Berechnungen zufolge können mit einem Arbeitgeberbeitrag in Höhe von beispielsweise monatlich 10 Euro je Arbeitnehmerin und Arbeitnehmer in den modellhaft betrachteten Großstädten zwischen 13 und 52 Millionen Euro pro Jahr für den Ausbau des ÖPNV erzielt werden. Mit der Straßennutzungsgebühr können – ebenfalls in den betrachteten Großstädten – zwischen 24 und 87 Millionen Euro pro Jahr bei einer beispielhaften Berechnung von einer Straßennutzungsgebühr in Höhe von monatlich 25 Euro erzielt werden. Der Einwohnerbeitrag wiederum ist in Flächenlandkreisen sowohl im verdichteten wie im ländlichen Raum die Variante mit den besten Erlöspotenzialen. Je nach Einwohnerzahl können hier in den modellhaft betrachteten Landkreisen mit möglichen Erlösen von bis zu mittleren zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr pro Landkreis gerechnet werden.

ÖPNV mit Mobilitätspass vorantreiben

Das im März 2023 abgeschlossene Modellprojekt hat hiermit gezeigt: Mit diesen Beträgen lässt sich der ÖPNV vor Ort erheblich ausbauen. Kosten für Technik und Verwaltung sind dabei bereits abgezogen. Die Detailergebnisse aus den Modellberechnungen sollen Anfang 2024 veröffentlicht werden.

Im europäischen Ausland tragen solche Finanzierungselemente bereits erheblich zur Finanzierung des ÖPNV bei. Beispielsweise in Frankreich ist seit den 1970er Jahren der versement mobilité und in Wien die Dienstgeberabgabe jeweils als Arbeitgeberabgabe nicht mehr wegzudenken. In über 15 europäischen Städten trägt die Straßennutzungsgebühr zur Verkehrsentlastung bei.

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