Ein weiß-gelber Regionalzug im bwegt-Design fährt durch eine Wiesenlandschaft.
Foto: Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Schienenpersonennahverkehr

Der SPNV

Von der S-Bahn bis zum Regional-Express: Hier erfahren Sie mehr über den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) in Baden-Württemberg und die Ziele und Pläne des Landes in diesem Bereich.

Schienenpersonennahverkehr (SPNV) wird im Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) definiert als ein „Verkehrsdienst, dessen Hauptzweck es ist, die Verkehrsbedürfnisse im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr abzudecken“ , bei dem in der „Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Zuges die gesamte Reiseweite 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt“ (§ 2 Abs. 12 AEG). Damit gehören zum SPNV alle Zugleistungen, die überwiegend dem Nah- und Regionalverkehr auf kurze und mittlere Distanzen dienen. Planung und Finanzierung des SPNV ist seit der Bahnreform 1994 grundsätzlich Sache der Länder, die dafür die sogenannten Regionalisierungsmittel vom Bund bekommen. Gesetzliche Grundlage dafür ist das Regionalisierungsgesetz.

In Baden-Württemberg liegt die sogenannte Aufgabenträgerschaft für den SPNV grundsätzlich beim Verkehrsministerium. Es wird dabei fachlich durch die landeseigene Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH unterstützt. Das Land ist außerdem an vielen weiteren Aktivitäten zur Weiterentwicklung des Schienenverkehrs beteiligt.

Daneben sind jedoch verschiedene weitere Organisationen Aufgabenträger für bestimmte Strecken von überwiegend lokaler Bedeutung, etwa der Verband Region Stuttgart (VRS) für die Stuttgarter S-Bahn und einige weitere Strecken im VRS-Gebiet.


Zahlen und Fakten aus Baden-Württemberg

Die meisten Bahnfahrgäste sind im Schienenpersonennahverkehr (SPNV) unterwegs. Nur etwa jeder 20. Fahrgast bundesweit steigt in einen Fernverkehrszug. Beim Verkehrsaufwand ist das Verhältnis Nahverkehr zu Fernverkehr allerdings mit ca. 55 zu 45 Prozent deutlich ausgeglichener. Grund dafür sind die größeren Reiseweiten im ICE und IC. Analog dazu werden im SPNV etwa gleich viele Personenkilometer zurückgelegt wie im straßengebundenen ÖPNV (Straßen-/Stadtbahnen und Busse) obwohl dort mehr als dreimal so viele Einstiege gezählt werden wie im SPNV.

Die Angebotsgestaltung im SPNV ist eine komplexe Aufgabe und lässt sich am besten vergleichen mit einem Puzzle, das immer wieder neu zusammengesetzt werden muss, weil sich Zahl und Form der Teile regelmäßig ändern. Schon die Fahrplangestaltung unterscheidet nach Langfrist- und Jahresplanung, hinzu kommen kurzzeitige Änderungen bei Baustellen.

Das Angebot wird jedoch noch durch eine Reihe weiterer Faktoren und Prozesse bestimmt:

  • Streckenauslastung und Entwicklung der Infrastruktur
  • Ausschreibung und Vergabe der Verkehrsleistungen: Das vom Land bestellte SPNV-Angebot ist auf mehrere Verkehrsverträge aufgeteilt, die nach planerischen und betrieblichen Kriterien zugeschnitten wurden und teils wiederum in Lose aufgeteilt sind.
  • Mittelverfügbarkeit: Auf Baden-Württemberg entfällt ein festgelegter Anteil der vom Bund bereitgestellten Regionalisierungsmittel. Diese werden zwischen dem Land und den übrigen Aufgabenträgern verteilt. Der Gesamtumfang der Mittel wird zwischen Bund und Ländern regelmäßig neu verhandelt. Das Land und die weiteren Besteller können darüber hinaus weitere Gelder bereitstellen und daraus zusätzliche Leistungen finanzieren.

Als Ergebnis dieser umfangreichen Vorbereitungen entstehen Fahrplan und Liniennetzplan für den SPNV.

Für eine gute Verständlichkeit des Angebots sind möglichst klar definierte Produkte wichtig. Im SPNV Baden-Württembergs sind dazu folgende Typen festgelegt worden:

  • S-Bahn: Eisenbahnangebot in sehr dichtem Takt und mit hoher Haltestellendichte zum Einsatz im innerstädtischen und Ballungsraumverkehr
  • Metropolexpress (MEX): Eisenbahnangebot in dichtem Takt zur Anbindung der Außenbereiche eines Ballungsraums an das Zentrum – typisch ist die Bedienung aller Halte dort, während im S-Bahn-Gebiet zur Beschleunigung nur an Knotenpunkten gehalten wird.
  • Regio-S-Bahn: Die Vorteile der urbanen S-Bahn werden mit den Vorteilen des Regionalverkehrs vereint und sollen dadurch einen hohen Wiedererkennungswert in der Region schaffen.
  • Regionalbahn: Zugangebot im Stundentakt (in Ausnahmefällen alle 2 Stunden) mit Bedienung aller Stationen zum Einsatz in eher ländlichen Regionen
  • Regionalexpress: schnelleres Angebot mit wenigen Halten (in größeren Orten und wichtigen Verknüpfungspunkten) im Stunden- oder Zweistundentakt
  • Interregio-Express: gegenüber dem Regionalexpress nochmals beschleunigtes Angebot mit weniger Halten und einem längeren Laufweg für weitere Strecken

Was macht das Land?

Das Land nimmt seine Rolle als Aufgabenträger aktiv wahr und hat mit dem Zielkonzept Schiene 2025 und der ÖPNV-Strategie 2030 zwei rahmensetzende Dokumente verabschiedet, aus denen zahlreiche Einzelmaßnahmen abgeleitet wurden und werden. Der Fahrgastbeirat bringt die Kundenperspektive in Planung und Umsetzung ein.

Mit den Ausschreibungen der letzten Jahre wurde das SPNV-Angebot auf eine neue Basis gestellt und durch die Vergabe im Wettbewerb deutlich kostengünstiger. Oft wurden mit einem neuen Verkehrsvertrag neue Fahrzeuge beschafft, seit 2017 durchweg im gelb-weiß-grauen bwegt-Design. Eine wichtige Rolle im Hintergrund spielt dabei die Möglichkeit, über das sogenannte „BW-Modell“ und die zu diesem Zweck gegründete Landesanstalt Schienenfahrzeuge Baden-Württemberg (SFBW) Fahrzeuge zu günstigen Konditionen zu finanzieren.

Der vom Land bestellte Verkehr muss fachlich begleitet und abgerechnet werden. Dies ist vor allem Aufgabe der landeseigenen NVBW. Dazu gehört auch das kontinuierliche Qualitätsmonitoring. Eine gute Qualität gehört zum einen zu einem attraktiven Angebot, zum anderen sind in den Verkehrsverträgen Zielwerte für die Pünktlichkeit und andere Parameter festgelegt, deren Unterschreitung zu Vertragsstrafen führt. Über die Webseite der NVBW wird die Öffentlichkeit transparent über die Pünktlichkeitswerte informiert.

Obwohl die Eisenbahninfrastruktur größtenteils in Bundesbesitz ist, engagiert sich das Land auch mit verschiedenen Förderprogrammen in zahlreichen Infrastrukturprojekten – vom neuen Stuttgarter Bahnknoten bis zur Modernisierung von Haltestellen in der Region im Bahnhofsmodernisierungsprogramm.

Wo will das Land hin?

Der Ausbau des Schienenpersonennahverkehrs spielt eine zentrale Rolle bei der ÖPNV-Offensive im Land. Baden-Württemberg gehört bundesweit zu den Vorreitern bei der Reaktivierung von Nebenbahnen und dem Aufbau regionaler Zugangebote. Projekte wie die Schönbuchbahn, die „Geißbockbahn“ in Oberschwaben und natürlich das Karlsruher Modell wurden schon vor der Bahnreform begonnen und haben Maßstäbe gesetzt. Im Koalitionsvertrag hat die Landesregierung festgeschrieben, ein Zielkonzept 2030 mit einem 15-Minuten-Takt im Verdichtungsraum und einem 30 Minuten-Takt in ländlichen Räumen zu entwickeln. Das Land setzt sich hierfür beim Bund ein, dass die Regionalisierungsmittel deutlich erhöht werden. Bei Bedarf wird das Land auch selbst in Vorleistung gehen.

Die Regionalisierung des SPNV gilt insgesamt als Erfolgsgeschichte. Mit der Übertragung von Zuständigkeit und Finanzmitteln auf die Länder 1994 wurden regionale Bahnen zu einem interessanten Geschäft für die Verkehrsunternehmen. Länder (und Kommunen) nutzen ihre neuen Gestaltungsmöglichkeiten seitdem intensiv. Taktverkehre an allen Wochentagen und moderne Fahrzeuge sind heute überall Realität, oft auch schon modernisierte Stationen und Infrastruktur.

Es bleibt jedoch viel zu tun. Noch immer sind viele Strecken und Bahnhöfe nicht modernisiert. Die Technik ist nicht auf dem neusten Stand. Die Verknüpfung mit anderen Verkehrsangeboten ist auch noch nicht ausreichend entwickelt. Weitere Herausforderungen liegen in der Personalgewinnung, Kapazitätsengpässen bei Industrie und Baugewerbe und der Finanzierung.

Vor allem das Begrenzen des Klimawandels macht es erforderlich, die bisherigen Aktivitäten nicht nur fortzuführen, sondern deutlich auszubauen. Ohne „mehr Bahn“ sind ein signifikanter Umstieg vom Auto und das Erreichen der Klimaschutzziele nicht zu schaffen.

Neue Angebotsformen

Mit neuen Angebotskonzepten wie dem Metropolexpress im erweiterten Großraum Stuttgart und den regionalen S-Bahn-Netzen im Breisgau und Ulm Regio S-Bahn. In der Region vernetzt und verbunden - mit der Regio S-Bahn. / bwegt.de) werden schrittweise neue Produktkategorien im SPNV mit einen höheren Angebotsstandard eingeführt.

Neue Elektrifizierung

Nach Abschluss des Großprojekts der Südbahn-Elektrifizierung wird mit der Hochrheinstrecke Basel - Waldshut - Schaffhausen die nächste Hauptstrecke für den elektrischen Betrieb ausgebaut und damit eine wichtige Netzlücke geschlossen.

Neue Fahrpläne

Angebotsentwicklung ist immer auch Detailarbeit. Nach Änderungen im Zusammenhang mit den neuen Fahrplänen der Südbahn konnten auf der anschließenden Bodenseegürtelbahn trotz der eingleisigen Strecke bessere Abfahrtszeiten und zusätzliche Fahrten im morgendlichen Berufsverkehr realisiert werden.

Newsletter

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Jetzt abonnieren
totop-arrow