Foto: Bernd Hasenfratz

Bürgerrufautos

Das bedarfsgesteuerte Bürgerrufauto

Das Konzept des Bürgerrufautos ist eine gute Ergänzung, wenn Lücken im ÖPNV bestehen und die Nachfrage für einen Linienbetrieb zu gering ist.

Im Unterschied zum Bürgerbus kommt beim Bürgerrufauto in der Regel ein kleineres Fahrzeug mit flexibler Betriebsweise zum Einsatz. Fahrtwünsche müssen angemeldet werden.

Das Bürgerrufauto ist eine Alternative, wenn die Nachfrage für einen Bürgerbus zu gering, aber eine Ergänzung des öffentlichen Nahverkehrs dennoch notwendig ist.

Idee

Das Bürgerauto ist ein kleineres Fahrzeug, das im bedarfsgesteuerten Betrieb eingesetzt wird. Die Fahrt muss daher telefonisch vorbestellt werden. Das Bedienungsgebiet ist räumlich und zeitlich festgelegt (z.B. 8-18 Uhr im Gemeindegebiet). Fahrtwünsche werden soweit möglich zusammengefasst, das Bürgerrufauto ist also kein Taxi, das den Fahrgast sofort und individuell zum Ziel bringt. Die wesentlichen Unterschiede zum Bürgerbus sind Fahrzeuggröße und Betriebsweise.

Zielgruppe

Es handelt sich beim Bürgerrufauto wie beim Bürgerbus um einen der Allgemeinheit zur Verfügung stehenden Verkehr. Die Nachfrage konzentriert sich oft allerdings stärker auf Seniorinnen und Senioren sowie Mobilitätseingeschränkte – siehe auch unsere Erläuterung zur Unterscheidung von Bürgerrufauto und Bürgerfahrdienst.

Organisation

Um eine direkte Konkurrenz zu bestehenden Linienverkehren zu vermeiden, nehmen Bürgerrufautos schon heute oft keine Aufträge an, die in zeitlich und räumlich engem Abstand (z.B. bis eine Stunde vor/nach Linienbusfahrten) liegen. Fahrgäste werden dann auf den Bus verwiesen und ggf. mit dem Rufauto bis zur Bushaltestelle gebracht. Für Schwerbehinderte sind Ausnahmen möglich, um ihnen den Fahrzeugwechsel zu ersparen. Ein Bürgerrufauto kann organisatorisch Teil des öffentlichen Nahverkehrs sein, dann gelten dieselben Anforderungen zur Abstimmung wie für den Bürgerbus. Für Verkehre außerhalb des öffentlichen Nahverkehrs gilt als wesentliche Einschränkung, dass nur geringe Unkostenbeiträge erhoben werden dürfen.

Für die Tourenplanung bietet das Land ein Planungstool an. Die verschiedenen im täglichen Betrieb und bei der Verwaltung anfallenden Aufgaben können damit aus einer Hand erledigt werden. Nähere Informationen und ein Bestellformular finden Sie hier.

Fahrzeug

Als Bürgerrufauto kommen oft normale Pkw zum Einsatz, aber auch der Einsatz von Kleinbussen (bis acht Fahrgastplätze) ist möglich. Manchmal besteht auch die Möglichkeit, sich ein vorhandenes Fahrzeug mit anderen Organisationen zu teilen (z.B. Wohlfahrtsverbände, Kirchengemeinden).

Diese Beschreibung gibt einen Überblick zu den wesentlichen Merkmalen. Weitere Details finden Sie in unserem Leitfaden sowie in der Erläuterung des Verkehrsministeriums zur Unterscheidung von Bürgerrufauto und Bürgerfahrdienst.

Zahlen und Fakten aus Baden-Württemberg

Das ehrenamtliche Verkehrsangebot des Bürgerrufautos ist noch nicht so bekannt wie das der Bürgerbusse. Dies liegt unter anderem daran, dass die Idee – Sammelfahrten ohne feste Haltestellen – für viele Fahrgäste schwer zu verstehen ist. 2004 fuhr das erste Bürgerrufauto in Baden-Württemberg. Mittlerweile sind es bereits 39 (Stand April 2022). Den größten Zuwachs gab es in den Jahren zwischen 2014 und 2020: Von rund 14 Angeboten auf 36.

Der Erfolg des Konzepts hängt mit mehreren Faktoren zusammen: Durch den flexiblen Betrieb ist ein Bürgerrufauto einfacher einzurichten als ein Bürgerbus und leichter an veränderte Bedürfnisse anzupassen. Oft wird von Tür zu Tür gefahren, allerdings mit längeren Vorbestellzeiten und ohne die Garantie einer direkten und individuellen Beförderung wie beim Taxi. Damit ist man „näher bei den Menschen“.

Als Bürgerrufauto können Kleinbusse, Vans oder größere Pkw‘s zum Einsatz kommen. Damit bestehen auch gute Möglichkeiten, neue Antriebsformen zu nutzen. So fährt schon eine ganze Reihe der Bürgerrufautos im Land elektrisch, etwa in Boxberg, Meckenbeuren oder Oberreichenbach.

Bei einem begrenzten Bedarf kann ein Bürgerrufauto auch ohne eigenes Fahrzeug auskommen, indem vorhandene Fahrzeuge genutzt werden. So werden in Renningen und beim interkommunalen Angebot „Spurwechsel“ die Autos sowohl als Bürgerrufauto als auch für Carsharing-Projekte genutzt. In Trochtelfingen stellen örtliche Unternehmen die Fahrzeuge zur Verfügung.

Eine Übersicht über die bisher bekannten ehrenamtlichen Mobilitätsangebote finden Sie hier.

Was macht das Land?

Bürgerrufautos schließen ebenso wie Bürgerbusse Lücken im ÖPNV. Ihre Stärke liegt vor allem darin, geringere Fahrgastaufkommen und damit auch kleinteiligere Verkehrsbeziehungen abzudecken. Das Land unterstützt aus diesem Grund Bürgerrufautos auf vielfältige Weise:

Förderprogramm Gemeinschaftsverkehre

Für Bürgerrufautos besteht ebenso wie für Bürgerbusse die Möglichkeit, eine Pauschale in Höhe von 2.000 Euro für Verwaltungskosten wie Werbung, Verwaltungsausgaben, Fahrzeug-Miete, Wartungs- und Reparaturkosten, Versicherungen, Gebühren für Schulung oder ärztliche Untersuchungen und andere Sachkosten zu beantragen. Für die Definition eines Bürgerrufautos im Rahmen des geltenden Förderprogramms wurde durch das Kompetenzzentrum Neue ÖPNV-Angebotsformen und das Verkehrsministerium eine Präzisierung ausgearbeitet.

Allianz für Beteiligung

Um die Auseinandersetzung mit der Mobilitätswende vor Ort anzuregen und Diskussionen über eine klimaverträgliche Verkehrsgestaltung voranzubringen, gibt es die sogenannten Beteiligungstaler und das Landesprogramm „Quartiersimpulse“ der Allianz für Beteiligung.

Beratung und Förderungen

Weitere Beratungsangebote hat das Kompetenznetz ÖPNV in einer FAQ für Sie zusammengestellt: Wer kann bürgerschaftliche Initiativen kostengünstig beraten?

Touren einfach planen

Für die Tourenplanung eines Bürgerrufautos sind mehrere Schritte notwendig. Neben der Kundenverwaltung und der Schichtenplanung der Fahrer sind weitere aufwendige Prüfschritte und Recherchen erforderlich. Mit dem Planungstool s-Rufmobil werden die Betreiber flexibler Fahrdienste mit einer anwenderfreundlichen Softwarelösung unterstützt.

Was kann das Tool?

  • Fahrtwünsche mit Hilfe einer Kalenderübersicht übernehmen
  • Automatische Berechnung der Route, Fahrtdauer, Ankunftszeit und des Fahrpreises
  • Lösung von Konflikten bei gleichzeitigen Anfragen und bestehender Konkurrenz zum ÖPNV
  • Erstellen eines Fahrtenbuchs für die Fahrerinnen und Fahrer

Weitere Informationen finden Sie auf unserer Unterseite „Das Planungstool S.RufMobil“, im Flyer oder im Leitfaden „Bürgerrufautos EDV-gestützt disponieren“.

Bereits 2015 wurde in einem Modellprojekt zusammen mit der Universität Stuttgart der Einsatz eines Elektro-Pkw im Bürgerrufauto-Betrieb in Boxberg wissenschaftlich begleitet. Erfahrungen und Empfehlungen zu e-Mobilitätsprojekten können Sie in der Broschüre „e-BürgerBus: Elektrisch ehrenamtlich mobil“ nachlesen.

Im Rahmen des BW-e-Solar-Gutscheins erhalten Betreiber:innen von Bürgerrufautos die Möglichkeit, sich Ihre E-Fahrzeuge und Wallboxen fördern zu lassen. Mehr Informationen erhalten Sie bei der L-Bank.

Weitere Informationen und Fördermöglichkeiten zu Fahrzeugen mit alternativen Antrieben finden Sie zum Download in dem Fact Sheet „Fördermöglichkeiten für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben im Gemeinschaftsverkehr“.

Damit Bürgerrufautos mit ihrem Mehrwert für den ÖPNV wahrgenommen werden, ist es wichtig, die Zusammenarbeit mit den Verkehrsverbünden und anderen Akteuren im ÖPNV zu stärken und zu unterstützen. Ein zeitnaher und enger Austausch zwischen Verbund und Bürgerrufautos ist für das Gelingen der Vorhaben unabdingbar. Dabei geht es vor allem darum, Lücken im ÖPNV und optimale Betriebszeiten zu identifizieren.

Die drei wichtigsten Säulen der Zusammenarbeit finden Sie hier aufgelistet. Sie sind Voraussetzung für die Förderung der Verwaltungskostenpauschale (siehe oben "Fördermöglichkeiten"):

  • Ansprechpartner für die Bürgerrufautos in den Verbünden:
    Bürgerrufautos fahren zwar nicht im Linienbetrieb, dennoch ist es unerlässliche, dass ein Austausch gerade im Hinblick auf das Bedienungsgebiet, die Beförderungsbedingungen sowie die Betriebszeiten stattfindet. Eine Liste mit Ansprechpartnern in den Verbünden finden Sie zum Download hier.
  • Aufnahme der Fahrplandaten:
    Fahrplanfreie Bürgerrufautoverkehre sollten mit ihren wesentlichen Angebotsdaten an geeigneter Stelle – z.B. im Linienverzeichnis – auf der Homepage des Verkehrsverbundes erscheinen. Eine Vorlage zur Erfassung solcher Verkehre mit ihren wichtigsten Merkmalen finden Sie zum Download hier.
  • Ausgleich der Verbundfahrscheine:
    Die Anerkennung von Verbundtickets im Bürgerrufauto ist ebenfalls Teil der Verwaltungskostenpauschale. Fahrgäste mit einem Verbundfahrschein sollen das Bürgerrufauto ohne Mehrkosten (bzw. zu einem reduzierten Preis) nutzen können. Viele Bürgerrufautos verkehren in der Regel kostenlos bzw. gegen eine kleine Spende. Diese akzeptieren „quasi“ schon durch das Einnahmemodell die Verbundtickets. Dennoch gibt es auch Bürgerrufautos, die Personen mit einem festen Preis transportieren. Auch hier sollen die Betreiber nicht auf den Kosten sitzen bleiben. Das Land hat daher möglichst einfache und unbürokratische Vorgehen erarbeitet (Download hier).

Zwei Beispiele: Aufnahme in der Satzung

Immer wieder kommt es zu Unklarheiten oder offenen Fragen – gerade in Bezug auf die Ausgleichszahlungen oder auch die Konkurrenz bei Fahrgästen. Das Kompetenznetz ÖPNV hilft Bürgerrufautos und Verbünden dabei, diese Fragen zu klären. Sollten Sie Hilfe benötigen, melden Sie sich unter buergerbus@nvbw.de.

Das Angebot des Kompetenznetz ÖPNV bei der Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg unterstützt bestehende Initiativen und Interessierte rund um das Thema Bürgerrufautos und andere Formen des Gemeinschaftsverkehrs.

Sollten Sie Fragen haben, können Sie sich unter buergerbus@nvbw.de an das Kompetenzzentrum wenden.

Instrumente und mehr

Viele Fragen zur Angebotsidee, der Konzeptentwicklung sowie den Voraussetzungen und der Umsetzung stehen in Beziehung zueinander. Erfahrungsgemäß ist jedes Bürgerrufauto anders. Bei der Planung gibt es zwei Leitfragen, die sich Interessierte stellen sollten: „Was passt vor Ort?“ und „Was funktioniert schon anderswo?“.

Themen wie Rechtsform und Genehmigung, Finanzierung, Ehrenamtliches Engagement oder Abstimmung mit dem Verkehrsverbund sind Gegenstand der Angebotsentwicklung und werden im Leitfaden „Bürgerbusse in Fahrt bringen“ behandelt. Die Materialien können Sie auch bestellen.

Weitere Instrumente und Hilfen finden Sie hier:

Gute Beispiele: Unterschiedliche Ausgestaltungsmöglichkeiten

Der Bodenseekreis hat eine eigene Förderrichtlinie für flexible ÖPNV-Angebote, von der auch die Bürgerrufautos im Kreis profitieren. Eine langjährige Kooperation gibt es etwa zwischen dem Trägerverein des Bürgermobils Meckenbeuren und dem Verkehrsverbund bodo. Das Bürgermobil kann über das Callcenter des Verbunds bestellt werden und ist mit allen Haltestellen in der Fahrplanauskunft zu finden.

Das mehrfach ausgezeichnete Elektro-Bürgerauto in Oberreichenbach hat viele Unterstützer in der Gemeinde. Auch der Bürgermeister übernimmt Fahrdienste. Und wer mit dem Bürgerrufauto zum örtlichen Dorfladen fährt, muss für die Fahrt nichts bezahlen.

Der flexible Betrieb und die Abholung an der Wohnung sind oft attraktiv für die Fahrgäste. Wenn ein regelmäßiger Bedarf besteht, lassen sich aber auch feste Fahrten einrichten. So fährt der Bürgerbus in Grünsfeld regelmäßig für Pendler den örtlichen Industriepark an. In Herbolzheim gibt es einen Linien- und Anrufverkehr für verschiedene Bedienungsgebiete.

Newsletter

Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Jetzt abonnieren
totop-arrow